Die DALTONS (nicht die von Lucky Luke)
Inhalt
Historischer Hintergrund und Figuren
Die Daltons ist eine zweiteilige Western-Graphic-Novel von Olivier Visonneau und Jesús Alonso, erschienen im Splitter Verlag. Die Geschichte basiert nicht auf den Comicfiguren aus der Lucky-Luke-Reihe, sondern auf den realen Dalton-Brüdern, die Ende des 19. Jahrhunderts als Gesetzlose im amerikanischen Westen aktiv waren.
Im Mittelpunkt stehen Bob, Grat, Bill und Emmett Dalton, vier Brüder, die nach gescheiterten Versuchen bürgerlicher Existenzen in die Kriminalität abrutschen. Der erste Band schildert in Rückblenden den familiären Hintergrund und zeigt, wie soziale Enge, wirtschaftliche Perspektivlosigkeit und persönliche Fehlentscheidungen zur Bildung der Bande führen. Die Erzählweise bleibt durchgehend realistisch und ungeschönt, ohne Glorifizierung oder romantisierende Westernmotive.
Aufbau und Themen
Der zweite Band konzentriert sich auf den historisch belegten Banküberfall von Coffeyville, bei dem drei der Brüder getötet werden. Nur Emmett Dalton überlebt schwer verletzt. Der Fokus liegt nicht auf der Aktion selbst, sondern auf der inneren Zerrissenheit der Figuren. Moralische Zweifel, familiäre Bindungen und psychologische Spannungen werden durch Rückblenden und Dialoge verdeutlicht.
Die Geschichte setzt bewusst nicht auf Pathos oder Heldentum, sondern stellt die Daltons als tragische Figuren dar – geprägt von äußeren Umständen und innerem Widerspruch. Der amerikanische Mythos des Gesetzlosen wird hier nicht zelebriert, sondern gebrochen: Es geht um Scheitern, Unfreiheit und verpasste Chancen in einer rauen, strukturell feindlichen Welt.
Grafik und Darstellung
Jesús Alonsos Zeichenstil kombiniert realistische Figurenzeichnungen mit klarer Linienführung. Die Schauplätze – Siedlungen, Züge, Bankinterieurs, Landstraßen – wirken dicht und glaubwürdig, oft reduziert, aber atmosphärisch stark. Farbgebung und Komposition unterstreichen das Gefühl von Enge, Hitze, Staub und sozialer Härte. Der Western erscheint nicht heroisch, sondern als mühevoller Überlebensraum.
Auffällig ist die Darstellung der Brüder selbst: Jede Figur hat einen klar erkennbaren Ausdruck, ein individuelles Erscheinungsbild und eine eigene Körpersprache. Emotionen wie Misstrauen, Enttäuschung oder Resignation sind durch Mimik und Haltung ablesbar – ein zentrales Element der visuellen Erzählung.
Einordnung
Die Daltons reiht sich ein in eine wachsende Zahl historischer Graphic Novels, die sich mit realen Figuren und sozialen Hintergründen auseinandersetzen. Die Geschichte funktioniert unabhängig von Vorkenntnissen, ist aber für Leser:innen interessant, die sich für westliche US-Geschichte jenseits der Klischees, sowie für differenzierte Figurenzeichnungen interessieren.
Die Serie steht exemplarisch für eine moderne Form der Western-Erzählung: sozialhistorisch fundiert, visuell kontrolliert, dramaturgisch zurückhaltend. Sie eignet sich für Leser:innen, die weniger Action suchen als Charaktertiefe und historische Plausibilität.